Gedanken aus dem Alltag als Hufbearbeiter

Ja, auch ich muss einige Dinge teilen, meinen Senf dazu geben, bzw. einfach mal Gedanken und Erfahrungen teilen, die ich im Laufe der Zeit gemacht habe. Betonen möchte ich, dass dies halt eben auch meine Gedanken und Erfahrungen sind. Dies hier ist keine Lehrseite. Jedes Pferd ist anders und individuell. Was bei dem Einen funktioniert, muss bei dem Anderen wieder so gar nicht hinauen. Umso schöner und spannender ist mein Beruf.

 

 

 

Umstellung auf Barhuf

Als Barhufbearbeiterin bekomme ich immer mal wieder Anfragen, ob ich bei der Umstellung auf Barhuf helfen kann. Wie ich feststellen musste, ein kniffeliges Thema.

Es gibt bei der Umstellung leider nicht wirklich ein Patenrezept und ein Garant meinerseits, dass das ganze auch funktioniert. Es kommt auch hier natürlich auf das Pferd und seine Hufe an.

Sprich:

  • Wie lange hat das Pferd den bestehenden Hufschutz schon?
  • Was war überhaupt die Bewandnis für den Beschlag?
  • Welche Hornqualität liegt vor?
  • Wie ist das Hufwachstum im Allgemeinen?
  • Wie alt ist das Pferd und wie wird es genutzt?

Doch ein ganz bestimmter Punkt fällt mir immer wieder auf. Das ganze steht und fällt mit der Zusammenarbeit mit dem Besitzer. Insbesondere auch mit dem Vertrauen in meine Arbeit bzw. in den Prozess, den der Huf durchmacht.

Ich finde Vergleiche zum Menschen immer eher schwierig, da wir anatomisch nun mal anders sind. Dennoch könnte man sich einfach auch mal überlegen, man müsste von heut auf morgen barfuß laufen. Sicher würden auch wir zu Beginn, wenn wir das so gar nicht kennen, erstmal steinige und unbequeme Wege meiden. So ist es auch beim Pferd nicht anders. Je nach vorliegender Hufbeschlagssituation, kann es vorkommen, dass das Pferd auch mal fühlig geht. Aber auch hier rate ich davon ab, gleich die Flinte ins Korn zu werfen, sondern erstmal einen allgemeinen Blick auf die Situation zu werfen.

 

Ich habe einfach das Gefühl, dass viele Menschen diese Umstellung unterschätzen.

Es braucht Zeit. Was heißt das? Der Huf braucht gut bis zu einem Jahr, bis er einmal komplett durchgewachsen ist. Er darf gerne einmal alle saisonalen Herausforderungen durchmachen von extemer Trockenheit bis zur großen Matschzeit. Hatte der Huf immer eine Unterstützung und einen Schutz vor Abrieb, fällt diese ja nun weg und er muss wieder lernen, "allein" damit klar zu kommen. Die Hornqualität muss sich anpassen. Und wie alles im Körper, ist das ein Prozess der Zeit braucht.

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt. Der Hufmechanismus. Nein, der Huf ist kein starres Gebilde. Mit jedem Schritt, wird ein Pumpmechanismus in Gang gesetzt, der das Herz des Pferdes mit unterstützt. Dieser Mechanismus ist mit einem Eisen beispielsweise stark eingeschränkt. Auch das darf ein Huf wieder lernen, bzw. sich an die vermehrte Bewegung im Inneren gewöhnen.

 

Eine Kundin von mir postete einmal sehr treffend, "trust the process". Besser kann man es nicht ausdrücken.

Wir stellten ihr Pferd auf Barhuf um. Das Pferd lief natürlich nicht von Anfang an klar. Wir blieben im steten Austausch. Aber sie brachte eine wundervolle Geduld mit und gab dem Pferd Zeit. Schonte es, was hieß, auch mal eine Weile nicht zu reiten bzw. nur bedingt, auf weichen Böden, eventuell unterstützend mit Hufschuhen. Und das war einfach der ausschlaggebende Punkt. Wir haben noch kein Jahr um, aber das Pferd läuft immer besser. Und die Huf sehen einfach traumhaft auf.

 

Davon wünsche ich mir einfach mehr. Menschen, die ein Verständnis für diesen Prozess aufbringen und ihrem Pferd die Zeit geben. Ich versuche, so gut es geht zu unterstützen mittels angepasster Bearbeitung oder übergangsweise einem alternativen Hufschutz. Nur kann ich nur soviel bewirken, wie der Besitzer auch bereit ist, mir zu vertrauen und mit zu arbeiten.

 

Im Mai 2023 lernten wir uns kennen. Das Pferdchen hatte schon ein paar Hufgeschwüre hinter sich und war hier nun zum ersten Mal Barhuf.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wir sind nun im Oktober 23. Die Hufe haben sich so wunderbar entwickelt. Es sind tatsächlich immer nur kleine Korrekturen, die ich vornehme. Das Pferd bearbeitet sich, durch einen abriebsintensiven Boden, die Hufe viel selbst. Wir sind auf einem super Weg.

Aber ohne die Besitzerin, wäre es einfach nicht gegangen, die alle Tipps und Ideen umsetzte.